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Ich bin immer auf der Suche nach Literatur, die jungen Menschen Lust auf's Lesen macht!

Freitag, 11. April 2014

Antoinette kehrt zurück


Olivia Vieweg (2014)

Quelle: www.comicsgalerie.de

Antoinette lebt in Los Angeles. Um ihre Kindheit in Deutschland macht sie am liebsten ein Geheimnis. Dass die meisten ihrer Kollegen glauben, sie sei Schwedin ist ihr nur recht, denn diese Vergangenheit würde sie selbst am liebsten vergessen. Als Tochter einer psychisch kranken Mutter wurde sie in der Schule gemobbt und so von ihren Klassenkameraden regelrecht gequält. Besonders Jonathan, der "Anführer" dieser grausamen Spiele, geht ihr nicht aus dem Sinn und sie lässt keinen Tag verstreichen, ohne ihr Heimatdorf über eine Webcam zu beobachten.





Eines Tages beschließt sie, den Alpträumen ein Ende zu setzen und begibt sich auf die Reise zurück in ihre Kindheit, um mit dem Erlebten abschließen zu können. Kaum in dem idyllischen Ort Harzberg angekommen, läuft ihr auch schon eine "Freundin" von damals über den Weg und nimmt sie mit zu einer Gartenparty, bei der ihre einstmaligen Peiniger versammelt sind und sie umschwärmen. Schließlich weiß jeder, dass Antoinette in den USA einen berühmten Schauspieler geheiratet hat. Nur einer fehlt: Jonathan. Antoinette erfährt, dass er einen Verkehrsunfall hatte und wegen der Folgen in einem Pflegeheim behandelt wird. Man drängt sie, ihn zu besuchen, was Antoinette dann auch tut. Opfer und Täter von damals begegnen sich am Krankenbett, an das der gelähmte Jonathan nun gefesselt ist.

Mit Antoinette kehrt zurück hat Olivia Vieweg ein graphic novel geschaffen, das es durchaus mit großer Literatur aufnehmen kann. Sie selbst weist auf Dürrenmatts Drama Der Besuch der alten Dame hin und gibt damit den Anstoß zu einem Vergleich, der mir als Lehrerin Lust auf Literaturunterricht macht. Doch nicht nur dieser Vergleich kann ergiebig sein! Auch die Gestaltung der einzelnen Bilder im Buch sowie das mysteriöse alter ego, das Antoinette zurück in ihre alte Heimat lockt bieten sich für Analyse und Interpretation an, die auf Grund der Kürze und Überschaubarkeit des Werkes wenig mühsam sind. Im Rahmen der Leserunde auf www.lovelybooks.de habe ich das Buch nun schon fünfmal gelesen und habe immer noch Freude daran, weil ich immer wieder auf Neues stoße. Manches hat sich für mich auch erst nach der Auseinandersetzung mit den Beiträgen anderer Leser geklärt.


Was die Bilder und Bildkompositionen betrifft ist zu sagen, dass jede Doppelseite einer Sinneinheit entspricht, ähnlich einer Szene in einem Film. Das strukturiert den Text schön bzw. könnte im Unterricht dadurch die Textstruktur leicht besprochen und analysiert werden.
Was ich auch spannend finde ist, dass in graphic novels Details eingebaut werden können, ohne sie zur Sprache zu bringen. Zum Beispiel wird über Vögel nie explizit gesprochen, doch sie kommen in den Bildern vor und so wirkt ihre Symbolik, ohne dass sprachlich darauf hingewiesen wird.

Ein besonderes Extra ist der Anhang im Buch. Die junge Autorin gewährt einen Einblick ins Comic-Zeichnen, zeigt verworfene Versionen der Protagonistin und alternative Titelseiten. Wer vorhat, graphic novels zum Thema seines/ihres Unterrichts zu machen, ist hier auf jeden Fall gut bedient.


Der noch junge Egmont Verlag ist übrigens Teil einer Stiftung, "deren Ziel es ist, die sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Lebensumstände von Kindern und Jugendlichen zu verbessern." (Quelle: Impressum "Antoinette kehrt zurück")

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