Über mich

Ich bin immer auf der Suche nach Literatur, die jungen Menschen Lust auf's Lesen macht!

Montag, 9. Juni 2014

Die erstaunlichen Abenteuer der einzigartigen, ungewöhnlich spektakulären, grenzenlos mirakulösen Maulina Schmitt. Mein kaputtes Königreich

Finn-Ole Heinrich & Rán Flygenring, Hanser 2013


Quelle: www.hanser-literaturverlage.de
  
Eigentlich heißt Maulina Paulina, doch sie hat viiieeel zu maulen - daher der Kosename. Und weil Maulina so leidenschaftlich maulen kann, nennt sie ihr Elternhaus auch das Königreich "Mauldawien". Dort war sie bis vor kurzem die Prinzessin, nun aber wohnen sie und ihre Mutter in "Plastikhausen", wo alles aus Kunststoff ist und Haltegriffe die Wände zieren. Paulina Vater - "der Mann" - ist in Mauldawien zurückgeblieben, und das gefällt Maulina gar nicht!

Neben der für sie unerklärlichen Trennung ihrer Eltern muss sich Paulina auch noch in der neuen Umgebung und der neuen Schule - alles daran findet sie absolut doof - zurechtfinden. Eines Morgens taucht Paulinas Klassenkamerad Paul vor ihrer Türe auf und möchte mit ihr gemeinsam in die Schule gehen. Widerwillig geht Paulina mit und im Laufe der Geschichte freunden sich die beiden an. Maulina nimmt ihn eines Tages sogar mit nach Mauldawien, zeigt ihm den Garten dort und stellt ihn ihren Freunden vor. Gemeinsam mit ihnen will sie die Eltern wieder vereinen, sodass ihre Mutter und sie wieder in die frühere Wohnung einziehen können.

Das erste "erstaunliche Abenteuer der (...) Maulina Schmitt" begegnet als entzückendes Buch über ein skurriles kleines Mädchen, das sich in ihrem neuen Leben zu orientieren versucht und dabei ganz schön bockig sein kann. Die Illustrationen von Rán Flygenring ergänzen die Geschichte nicht nur optisch, sondern auch inhaltlich. So beginnt das Buch mit einer Aufgabe für junge Detektive: "Wache Augen können in diesem Buch 84 Topfpflanzen ausmachen! Finde sie alle und markiere jede gefundene Pflanze hier und am Ende des Buches." Außerdem gibt es Rezepte, Detektivtricks oder Maulinas Alptraum als Comic.

So wunderbar ich es finde, empfehle ich dieses "Kinderbuch" aus dem Hause HANSER ("empfohlen ab 10 Jahren") nicht für Kinder, denn die Erzählinstanz ist so komplex gewählt, dass sie für junge Leser wahrscheinlich zu anspruchsvoll ist, voll von vagen Andeutungen und rhetorischen Figuren. Zudem scheint es mit Paulinas Leben gerade stetig bergab zu gehen: Erst die unerklärliche Trennung ihrer Eltern und dann auch noch die Nachricht über eine schwere Krankheit der Mutter (Multiple Sklerose?), die sie bald in den Rollstuhl bringen und an der sie wohl früh sterben wird. Der einzige Freund, den sie in ihrem neuen Umfeld findet, wächst in problematischen Umständen auf: Er lebt in einer betreuten Einrichtung für Jugendliche, sein Vater dürfte im Gefängnis sein, denn er darf sich nur in Anwesenheit seiner "Betreuers" und zweier "Wärter" mit seinem Sohn treffen. Darüber hinaus kommt das Ende sehr abrupt, anstelle einer Abrundung der (Teil-) Geschichte erfolgt ein Verweis auf die Fortsetzung.

Als erwachsene Leserin mit deutlicher Affinität zu rhetorischen Raffinessen hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich empfehle es ganz klar weiter! Ich bin nur nicht sicher, welchem Publikum ...

Als angeleitet Klassenlektüre in der Unterstufe ist die Geschichte (für ambitionierte Lehrer) sicher geeignet. Die Rezept- und Detektivtipps laden zu einer umfassenden, alle Sinne ansprechenden Auseinandersetzung ein. Für Schüler der AHS-Oberstufe oder BHS kommt das Buch als zu "kindisch" daher.




Natürlich gibt's das Ganze auch als Hörbuch. Das Besondere daran: Sandra Hüller war beim Deutschen Hörbuchpreis 2014 in der Kategorie Beste Sprecherin nominiert! Reinhören lohnt sich also absolut!