Wolfgang Herrndorf, Rowohlt 2012
www.rowohlt.de |
Tschick ist ein Jugendroman, der mir in
einigen Empfehlungen für den Literaturunterricht begegnet ist und der - so
glaube ich - mal ein Buch ist, das jungen Menschen wieder Lust auf's Lesen
macht. Und: 2014 halte ich die unglaubliche 29. Auflage des erst 2012
erschienenen Romans in Händen.
Endlich Sommerferien! Vor Maik Klingenberg
liegt eine Zeit, die nur ihm gehört: sturmfrei! Doch so problemlos wie das
klingt, ist es nicht. Sein Vater fährt auf eine angebliche Geschäftsreise mit
seiner Assistentin, doch Maik weiß, dass die beiden ein Verhältnis haben. Die
Mutter ist (wieder einmal) in einer Entzugsklinik. Dass diese traurigen
Umstände im Buch fast etwas unterzugehen scheinen, liegt wohl daran, dass Maik
die Wahrheit zwar kennt, sie aber beiseite schiebt.
Die elternfreie Zeit will der 14-Jährige
eigentlich mit Computerspielen und Alleinsein zubringen. Doch dann fährt sein
aufdringlicher russischer Mitschüler Andrej Tschichatschov, kurz Tschick
genannt, mit einem gestohlenen Auto vor. Noch dazu handelt es sich dabei um das
wohl auffälligste Gefährt weit und breit: einen hellblauen Lada. Tschick
überredet Maik erst zu einer Spritztour, dann zu einem Urlaub in ebendiesem
Wagen. Und schon beginnt ein Abenteuer, das einem die Lachtränen in die Augen
treibt, denn die beiden Schüler treffen auf ihrer Reise zu Tschicks Verwandten
in der Walachei auf skurrile Persönlichkeiten, die ihnen aber (meistens)
freundlich begegnen.
Hinter dem skurrilen, gut gelaunten Sommertrip
liegt jedoch ein harter Alltag, den der Leser erahnen kann, als Maiks Vater
seinen Sohn dazu drängt, in einer Verhandlung der Vorfälle seine neu gewonnenen
Freund Tschick - dem Russen, dem Bruder eines Kriminellen, dem schon einmal
auffällig Gewordenen - allein die Schuld zu geben.
Besonders liebenswert erscheinen die beiden
Protagonisten, weil Wolfgang Herrndorf darauf verzichtet, seine
"Helden" zu coolen, frühreifen Vorbildern zu machen, sondern sie
trotz ihres wilden Trips doch auch noch Kinder sein lässt. So übt Maik auf
einer Wiese das Autofahren und Tschick klebt sich schwarzes Klebeband auf die
Oberlippe, um beim Fahren nicht als 14-jähriger Teenager erkannt zu werden.
Auch sprachlich schafft Herrndorf einen
Balanceakt, denn die Dialoge sind weit im jugendsprachlichen Feld anzusiedeln
und bleiben trotzdem authentisch - für mich als fast dreißigjährige Lehrerin
zumindest. Bei der Lektüre in der Schule ist das wohl nicht für jeden ganz
einfach, denn da wird einem das f*-Wort in allen deutschen und englischen Varianten
nur so um die Ohren gehauen. Das kann auch zu Gesprächen über die
Umgangssprache unter Jugendlichen anregen. Besonders lustig: Manche Passagen
mit den Schülern gemeinsam, also laut, lesen. Da bleibt kaum ein Auge trocken.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen