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Montag, 26. Januar 2015

Funkenflieger


Rita Falk (dtv 2014)


"Rita Falk, das ist doch die, die für ihren Dorfpolizisten Eberhofer bekannt ist!", denken jetzt wohl viele. Das stimmt schon so, aber Provinzkrimis à la "Dampfnudelblues", "Winterkartoffelknödel" und Co. sind nicht das einzige, was die Autorin aus Bayern auf den Buchmarkt bringt. Ihr Jugendroman "Hannes" wird hoch gelobt und das neueste Werk "Funkenflieger" dementsprechend beworben.

 
Quelle: www.dtv.deZum Inhalt:
Zum Inhalt:

Ich-Erzähler Marvin, ob seiner krausen Haare "Locke" genannt, ist ein 15-jähriger Schüler, der in einer nicht ganz einfachen Familiensituation steckt: Mutter Elvira ist alleinerziehend, arbeitslos, faul, ungebildet und dem Alkohol nicht abgeneigt. Wer sein Vater ist, weiß Marvin nicht. Die beiden älteren Brüder könnten verschiedener gar nicht sein: Kevin ist fürsorglich und kümmert sich um Elvira, versucht auf sie aufzupassen - denn das muss man offenbar. Robin geht sehr unregelmäßig in der Wohnung aus und ein, treibt sich mit zwielichtigen Typen herum, die er Freunde nennt, die ihn aber auf Grund der dunklen Haut, die er und Kevin von ihrem Vater geerbt haben, beleidigen und ihn ausnutzen.
Der einzige Lichtblick in Marvins Alltag ist sein Freund und Nachbar Friedel, mit dem er ein geheimes Versteck, ein ehemaliges Lokal einer stillgelegten Fabriksanlage - das "Casino" - teilt. Auch Friedel hat kein einfaches Leben. Sein Vater ist jähzornig und schlägt ihn hin und wieder.


Die Handlung kommt in Schwung, als Friedel und Marvin erfahren, dass Kevins türkische Freundin Aicha schwanger ist - und das im letzten Schuljahr der beiden. Aichas Familie kann Kevin ohnehin nicht leiden, nun ist die Katastrophe vorprogrammiert. Aicha kann ihr Geheimnis nicht bewahren und als ihre Mutter sie eines Tages wissend in der Küche erwartet und sie noch am gleichen Tag zu den Großeltern in die Türkei schicken will, flüchtet das Mädchen und taucht unter. Ab diesem Tag hausen Kevin und sie versteckt im alten Casino.

Rita Falk will, so scheint es, in ihrem Roman sehr viele, am besten alle, möglichen Probleme auf den Tisch bringen und überlädt die Handlung damit heillos. Da ist einerseits der Konflikt, mit dem Kevin und Aicha zu kämpfen haben: die Schwangerschaft, Aichas Familie, das Abitur, das Leben im Verborgenen, der Sturz Aichas über die Treppe einer Unterführung und die darauffolgende Sorge um das Baby, die zu frühe Geburt, die hasserfüllte Mutter, die am Ende versucht, das Kind im Krankenhaus zu töten.
Dazu kommt ein Überfall auf Robin, der nachts mit einer Eisenstange verprügelt wird und danach lange in Krankenhaus und Reha-Zentrum verbringt. Als er wieder nach Hause kommt, ist aus dem Flegel ein hilfsbereiter junger Mann geworden, der zu Aicha ins Casino zieht, um seinen Bruder Kevin zu entlasten.
Auch Mutter Elvira erlebt einen Wandel, wird von einer neuen Freundin wieder auf Spur gebracht, lernt einen Mann kennen, wird zur Superhausfrau und findet wieder eine Arbeit.
Darüber hinaus erlebt Marvin einen großen Verlust, als Friedel von zu Hause weggeschickt wird und fortan bei seinen Großeltern in Heidelberg wohnt. Aber auch Marvin ereilt die Liebe. Zufällig lernt er im Sommer ein wunderschönes, atemberaubend cooles und aufregendes Mädchen mit einem besonderen Namen und einer spannenden Lebensgeschichte kennen. Dieses Mädchen - welch Überraschung! - kommt nach den Ferien als neue Schülerin sogar in seiner Klasse, wo dank Friedels Weggang auch noch ein Platz genau neben Marvin frei ist.

Funkenflieger ist ein Roman, der viel will - zu viel in meinen Augen - und der dabei seinen belehrenden Unterton nicht immer verstecken kann und alle Klischees bedient. Gleichzeitig löst sich aber alles am Ende in Wohlgefallen auf. Der Buchrücken verheißt "ein modernes Märchen". Märchenhaft ist in jedem Fall der Ausgang der unglaubwürdigen Geschichte, der von der großen Versöhnung (fast) aller Beteiligten geprägt ist und den Eindruck erweckt, als wäre eine Teenager-Schwangerschaft doch gar nicht so ein Problem. Im siebten Monat lässt sich Aicha noch von Kevin auf dem Gepäckträger durch die Nacht radeln und nach der Geburt des Kindes freuen sich alle, weil die frisch gebackenen Eltern nach Italien ziehen, damit Aicha dort Kunst studieren kann und Kevin den Lebensunterhalt in einer Pizzeria verdienen soll. Kitsch pur! Darüber, ob sie ihr Leben als junge Familie ohne den Beistand von Verwandten und Freunden im Ausland überhaupt meistern werden, wenn Aicha als Mutter eines erst wenige Monate alten Babys studiert, macht sich niemand Sorgen. Vielmehr ist alles vom ehrgeizigen Lehrer (und neuem Freund von Elvira) arrangiert.

Vom Ende her betrachtet handelt es sich beim neuesten Roman von Rita Falk um ein kitschiges, blauäugiges Buch, das ich definitiv nicht weiterempfehlen kann. Alleine schon deshalb, weil der 15-jährige männliche Ich-Erzähler aus der Feder der Autorin nicht wirklich glaubwürdig wirkt. Schade.

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